Westafrika 13 Bissau über Gabu und Koundara nach Labé

Nachdem ich mich von B’s Familie verabschiedet hatte, machte ich mich auf den Weg. Ein Sammeltaxi musste her, denn was gibt es Schöneres, als sich frühmorgens auf engstem Raum zu quetschen? Ich stieg genau dort aus, wo ich zwei Tage zuvor angekommen war (ein echter Vollkreis-Moment), suchte mir ein neues Gefährt und – Überraschung! – es fuhr tatsächlich ein richtiger Bus nach Gabu. Ein Bus! Mit Sitzen! Wer hätte gedacht, dass es hier sowas gibt?

Während der Wartezeit im hübschen Wartebereich, habe ich mir erneut ein Sandwich geholt. Dieses Mal mit irgendwelchen Innereien, womöglich Leber (mäßig lecker).

Gabu liegt im Osten von Guinea-Bissau, und mein genialer Plan war es, von dort nach Guinea-Conakry weiterzufahren – über Koundara, natürlich. Die Strecke? Ein alter Bekannter. 200 km in schlanken sieben Stunden. Ich dachte, ich wäre mittlerweile abgehärtet und diese Reise würde ein sanftes Dahingleiten werden. Haha, guter Witz.

Leider saß ich direkt neben einer Gruppe Frauen, die sich offenbar in einem Wettkampf befanden: Wer kann am lautesten und am längsten reden? Fast haben alle gewonnen. Doch eine war besonders. Sie könnte Lehrerin sein 😬: sehr laut, mit einer deutlichen und vor allem sehr lauten Sprache geredet. Ich entwickelte einen kleinen persönlichen Hass. Die ganze Fahrt über wurde gequasselt, und meine Kopfschmerzen starteten etwa bei Kilometer 100 und steigerten sich zu einem kleinen persönlichen Drama.

Ansonsten? Links und rechts der Straße entweder Bäume oder vertrocknete Felder. Es ist auch Trockensaison Die Straße selbst war entweder mit Schlaglöchern dekoriert oder schlichtweg eine Staubpiste mit Unebenheiten und Furchen und und: Rallypiste! Die typischen Häuser am Straßenrand, samt Brunnen mit Handpumpe, während die Bäume direkt an der Straße so viel Staub abbekamen, dass sie aussahen, als wären sie seit Jahren nicht mehr gewaschen worden. Arme, hübsche Mango- und Cashewbäume


Gabu ist in einem schlechten Zustand. Ganz weit im Osten. Hier heiße ich teilweise erneut Toubab und nicht mehr wie in Bissau Branko.

Ich suchte auf Google Maps nach Hotels und fand zwei nebeneinander. Ein Mann saß zwischen den zweien vor einer Kneipe mit einer Flasche Bier. Ich fragte ihn, welches der beiden besser wäre. Er gab mir eine Empfehlung. Ich ging dorthin, fand ein Zimmer, checkte ein, duschte und dann ging zurück zum Bier trinken.

Es stellte sich heraus, dass er aus Gambia kommt. Er ist hier nur zum Arbeiten. Sein Beruf? Schamane. Er wollte mir auch was verkaufen und hat auch davon geschwärmt, seit 25 Jahren keine Schuhe zu tragen.

Ich trank mehr Bier. Dann schleppte er mich zu seiner Wohngemeinschaft. Im Hof saßen zwei Frauen und ein paar Männer. Eine der Frauen verkaufte aus einem großen Eimer billigen Fusel, den sie in Plastikflaschen für Leute, die auf dem Motorrad vorbeischauten, füllte. Der Fusel schmeckte nicht, ist aber offensichtlich sehr billig. Denn so eine Flasche bezahlten die Leute mit Münzen. Dann schleppte er mich zu einer weiteren Kneipe und dort tanke ich mehr. Ich war dann richtig bedient.

Also, ab ins Hotel, unterwegs noch schnell Wasser gekauft, dann ins Bett gefallen – und geschlafen wie ein Stein.

Am nächsten Morgen ließ ich es entspannt angehen. Erst mal gemütlich fertig gemacht, dann los zum Busbahnhof. Auf dem Weg gab’s noch zwei köstliche Sandwiches. Der Hund wollte auch. Aber das sind meine Sandwiches.

Am Busbahnhof dann die erste Überraschung: Nach Koundara? Direkt gibt’s da nix. Ich musste erst mal was nach Burtuma nehmen – ein (hoffentlich) charmantes kleines Dorf sechseinhalb Kilometer vor der Grenze. Von dort sollte ich dann irgendwie weiterkommen. Klingt nicht nach einem Plan 😒

Der Transport? Keine kleinen Autos, sondern nur ein alter auf 20 Sitze umgebauter Transporter. Made in Germany 😝. Sah noch erstaunlich fit aus 🙄. Dann folgte die zweite Überraschung: Nach über einer Stunde waren vielleicht 2 weitere Passagiere dabei.

Langsam wurde ich nervös. Die Grenze macht um sechs dicht. Ich muss vorher durch. Und danach brauche ich ja auch noch ein Transportmittel nach Koundara. Langsam schwante mir Böses: Am Ende muss ich wahrscheinlich ein Motorrad mieten. Ich sah mich schon mit meinem Rücksack auf einer klapprigen Maschine durch die staubige Wildnis brettern. Meine Laune? Nicht so gut.

Und aller 2 Minuten (keine Übertreibung) quatscht mich irgendwer oder ein bettelndes Kind an. Das ist vielfach mehr als bisher gehabt. Getoppt wurde das von der Lehrerin des Vortags. Sie reist offenbar mit. Shit.

Um neun am Busbahnhof, um 12:45 Uhr in den Transporter eingequetscht. Ich glaube, ich startete unabsichtlich einen kleinen Streit. Denn ich fragte den Fahrerbegleiter, wo mein Platz ist. Er nahm mich an die Hand und zeigte mir, wo ich sitze. Direkt hinter dem Fahrer. Der Verkäufer hat mir schon gesagt, dass ich einen guten Platz habe. Dort saß aber eine Frau. Sowohl der Begleiter als auch ich sprachen sie an. Sie tat so, als ob alles so in Ordnung ist. Dann musste der Begleiter sie ein bisschen anschreien, so dass die zur Seite rückt. Ich bekam 10-15 cm Sitzfläche und hab mich brav und still platziert. Danach gab es einen Streit. Ich guckte unschuldig vom Fenster. Man muss aber sagen, Streits in Afrika sind nicht der Rede wert. Die Leute sind dermaßen friedlich und nett, dass die Stimmen zwar etwas lauter werden, doch am Ende alle mit guter Laune weitermachen. Es ist wirklich unglaublich, wie sehr die Leute sich hier gegenseitig ertragen. Vorbildlich. Beneidenswert.

Der Bus war noch nicht in Bewegung, da hatte ich schon Rückenschmerzen. Aber ja nun. Neben mir saß die Frau, die meinen Platz haben wollte und neben ihr . . . Ratet mal! Ja, die Lehrerin. Ich glaube, auch sie hasst mich. Im Wartebereich haben wir giftige Blicke ausgetauscht. Sie war aber dieses Mal etwas stiller. Es gab auch noch ein Kind. Ich holte Maoam aus der Tasche und gab dem Kind ein Stück. Dann gab ich der Frau (hmmm, ich nenne sie mal Hexe, weil sie ein bisschen so aussah) und auch der Lehrerin jeweils ein Stück Maoam. Ich denke, das brach das Eis.

Der Bus fährt mit Gotteswillen. Es wird von innen mit Eisenstangen verstärkt, so dass der Chaussee nicht zusammen klappt. Die Türen werden mit einem Riegel zugemacht.

Die Strecke wie üblich. Bei dem zweiten oder dritten Reparaturstopp, gab es 2 oder 3 Kinder vom Dorf. Ich verteilte erneut Maoam und gab dann meinen Sitzplatz im Schatten an eine ältere Frau ab. Das machte offenbar was aus. Dann sprach mich die Lehrerin an:

Wohin fährst du?

Nach Koundara

Und dann?

Dann übernachte ich dort

Und dann?

Dann fahre ich nach Labé

Ach! Auch ich fahre nach Labé. Um sieben Uhr abends (Redaktion: oder ein Siebenertaxi, ich bin von der Übersetzung vom französischen nicht sicher) fahre ich nach Labé. Magst du mitkommen?

Ich überlegte nur kurz. Ich dachte, in Koundara übernachte ich eh nur, weil ich es nicht schneller weiter schaffe. Wenn aber hier ein Auto weiterfährt, dann komme ich lieber mit. Auch in meinem Reiseführer (lesenswert: Thomas Bering: im Schatten, mit dem Buschtaxi durch Westafrika) reiste der Protagonist von Gabu nach Labé quasi über Nacht.

“Ja, ich komme mit dir“, sagte ich.

Bei einem weiteren Reparaturstop sprach mich ein Mann an. Er meinte, ihm wurde gesagt, dass auch ich nach Labé fahre. Es formte sich eine Gruppe von neun Personen und ein Kind, die alle nach Labé weiterfahren wollen. Ein paar von denen erkannte ich aus dem Bus von Bissau nach Gabu. Vielleicht gibt es nur diese Möglichkeit. Denn ein anderer Bus aus Gabu an die Grenze fährt mit Sicherheit nicht an diesem Tag. 20 Leute am Tag. Davon neun weiter nach Guinea Conakry.

Wir sind endlich angekommen. Sehr positiv war es, dass die Grenze auf dem Weg zum Dorf ist. D.h., ich musste nicht ein weiteres Verkehrsmittel vom Dorf bis zur Grenze nehmen. Sowieso hat sich das Denken für mich erledigt. Die Gruppe hat mich adoptiert und ich habe keinen Widerstand gezeigt.

Die Grenze und die 30 km Straße davor und danach sind wirklich am Arsch. Zum ersten Mal wurde ich von einem Grenzer nicht so freundlich behandelt. Beim eintreten in Guinea Conakry sah es so aus, als ob der Grenzer erwartet, dass ich ihm Geld gebe. Ich schaltete mich auf dumm. Laut des Buches vor ihm war ich der erste Ausländer an diesem Tag. Als ich aus Senegal nach Guinea Bissau kam, war ich immerhin der 5. Es waren auch pro Tag, das konnte man im Buch sehen, 3 bis 5 Ausländer täglich. Alle Männer.

Irgendwann kamen Adoptiveltern von mir und haben mich vom doofen Grenzer befreit.

Nach der Grenze wechselte ich die letzten CFAs, die ich hatte, für einen guten Kurs. Ich hatte nun 230.000 guinische Franken in der Tasche.

Zwei Autos warteten auf uns, um nach Koundara zu fahren. Von dort nehmen wir ein Auto nach Labé. Weil die Autos nicht ganz voll waren, saß ich sehr bequem. Allerdings müssten wir immer das Auto zum Starten anschieben. Das erinnerte mich an meine Schulzeiten.

Angekommen, da wartete das nächste Auto. Eh alles erledigt wurde, hat es natürlich etwas gedauert. In der Zwischenzeit habe ich 100 $ gewechselt und war für eine Weile Millionär. Dann bezahlte ich die Reise nach Labé und dann war ich kein Millionär mehr.

Ganz hinten saßen drei Männer, einer davon mit einem kleinen Kind. In der mittleren Reihe saßen drei Frauen und ich. Vorne saß der Fahrer und auf dem Beifahrersitz zwei Männer.

So lief es:

Es stiegen in meiner Reihe zuerst zwei Frauen ein, und die dritte, die Lehrerin, wollte dass ich zuerst gehe. Das war nicht passend (ich wollte auf gar keinen Fall neben der Hexe sitzen) und sie musste am Ende der Gruppe gehorchen und stieg ein. Für mich blieb dann gar kein Platz mehr. Etwas Anschreien und etwas Anschieben führte dazu, dass ich 10 (keine 15) cm 🤪😬 Platz hatte. Ich saß auf einer Arschbacke und hob die andere ein bisschen nach oben, so dass jemand die Tür Ggegen meinen Arsch zuknallen konnte.

Wir starteten um 20:00 Uhr.

Aller Zwanzig Minuten müssten wir anhalten, weil das Kühlwasser nachgefüllt werden muss. Beim dritten Halt wurde entschieden, dass die Hexe, die in meiner Reihe saß, nach hinten gehen soll, und dass ein schlanker Mann von hinten nach vorne kommt. So hofften meine Adoptiveltern, dass ich mehr Platz hab. Mehrere laute deuteten dabei auf meine nackten Knie. Da wusste ich, wieso die Lehrerin im Auto vorher laut geredet hat und meine Knie anfasste. Sie waren wirklich zusammengepresst und offenbar sah ich bemitleidenswert aus. Ach, so nett von der Lehrerin. Dabei dachte ich, dass sie meine knie anfasste, nur weil sie mir heimlich ein Bonbon in die Hand stecken wollte. Das Bonbon war tatsächlich lecker.

Beim weiteren Halt wurde entschieden, dass die Lehrerin, die wesentlich mehr Hintern hat als die Hexe nach hinten geht und dass die Hexe in die mittlere Reihe kommt. So konnte ich tatsächlich meine Knie circa 5 cm auseinander nehmen. Allerdings war es jedes Mal eine Qual, der Hexe zu sagen, dass die Platz machen soll. Die andere Frau, ganz am Fenster, hatte Glück. Ich glaube, sie blieb unter dem Radar. Sie war auch übergewichtig, und die hatte es, behaupte ich, am bequemsten. Der Mann, der zu unserer Reihe kam, hat die ganze Fahrt sich nach vorne beugen müssen. Es gab keinen Platz für seinen Rücken an der Lehne.

Dann, nach eineinhalb Stunden Rally-Fahrt kamen wir in einen größeren Ort an. Alle stiegen aus und wollten Pause machen. Essen und so weiter. Da sagte einer, das sei Koundara. Schön.

Was!?!?

Ich dachte, wir sind aus Koundara gestartet. Nein, das war noch ein Dorf zwischen der Grenze und Koundara. Shit. D.h., die letzten eineinhalb Stunden Rückenschmerzen zählen quasi nicht 😭. Noch haben wir 350 km!

Ab Koundara gab es dann eine richtige Straße und wir konnten teilweise schnell fahren. Bei einem weiteren Kühlwasserhalt bot ich dem fahrer Maoam als Lösung für die Abdichtung an. Er nahm das Maoam in den Mund, kaute darauf und dann hab ich nicht aufgepasst, ob er es aufgegessen oder verwendet hat. Ich behaupte, und von euch kann keine/r das Gegenteil beweisen, dass er das Maoam zur Abdichtung benutzt hat. Denn dann haben wir nicht mehr angehalten. Yes. Mein Maoam bewirkt Wunder. Das hatte allerdings ein Nachteil. Aller 20 Minuten Pause für meinen Rücken waren gar nicht so schlecht. Außerdem hilft es mir nicht, wenn ich in Labé um 4:00 Uhr ankomme. Da ist eine Ankunft um 8:00 Uhr viel praktischer. Denn ich muss noch ein Hotel finden.

Irgendwann hörte die Straße wieder auf. Es war erneut eine Rallyepiste. Das Auto machte einen großen Krach und es stieg Rauch.

Wir stiegen aus. Es ist offenbar nicht das Kühlwasser. Irgendein Teil ist abgebrochen. Denn es wurde nach einer Möglichkeit zur Fixierung mit einer Schraube geschaut. Alle 10 Minuten fuhr an uns sehr langsam, aber effizient Staub wirbelnd ein Sattelschlepper vorbei. Gegen 3:00 Uhr fing es an und um 4:15 Uhr standen wir noch da. Ich fragte mich die ganze Zeit, ob dieses Pseudoreparieren nicht aufhören soll . Wie sollen sie bitte hier eine Metallschraube passend machen. Lieber sollte eine andere Lösung gesucht werden. Zum Beispiel, dass ein Auto aus Labé, immerhin noch über 100 km entfernt, kommt und uns hier abholt. Es war auch kalt.

Plötzlich ging der Motor wieder an. Sie haben einen Sicherheitsgurt abgeschnitten und damit irgendein Teil zusammengebunden.

Genial.

Quatsch. Nicht genial.

Es war ja klar, dass nach ein paar hundert Meter, spätestens nach ein paar Kilometer das Ganze wieder von vorne anfangen wird.

Nichts da. Um 8:00 Uhr waren wir in Labé (auf dem Weg musste der Fahrer eine längere Pause machen). Alles bestens. Alle Leute bester Laune. Die Reisetruppe wurde zu einem und wir verabschiedeten uns am Busbahnhof in Labé herzlich und wünschten uns gegenseitig eine gute Weiterreise.

Ich ging zu Fuß und besorgte mir eine Simkarte. Dann ging ich zum Hotel, das mir die Grenzbeamtin in Guinea Bissau empfohlen hat, Hotel Tata. Ich checkte ein. Ein hübsches Zimmer mit Strom und Wasser im eigenen Badezimmer für 30 €. Beim nächsten Blog schicke ich euch Fotos.

Ende gut, alles gut!

Kommentare

  1. Stay safe out there! Y.B.

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  2. ما عجبتك صوتها عالي: معلمة.
    من خلال الصور يبدو الفقر وعدم الاهتمام بتأمين حياة مريحة للسكان: شوارع، مواصلات…
    بالتوفيق حبيبي🍀😘

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